Handel, Recht. Was geht mich das an?

Stephan Handel, Recht. Was geht mich das an? dtv 2006, 8 Euro

Der Autor ist Journalist und war lange als Gerichtsreporter tätig. Zielgruppe des Buches sind laut Umschlagtext kleine und große Laien, gemeint sind damit nach der Art des Buches wohl Jugendliche und Erwachsene.

Zunächst werden die verschiedenen Rechtsgebiete kurz erklärt: Staatsrecht, Bürgerliches Recht, Verwaltungsrecht und Strafrecht mit den Strafzwecktheorien.

Danach geht es genauer um die einzelnen Gebiete. Den Anfang macht das Staatsrecht, in dem das Verhältnis zwischen Bürger und Staat und die Staatsorgane geregelt sind. Es geht um das Grundgesetz, das politische System und Gesetzgebung. Rechtsgeschichtliche Ausführungen finden sich ebenfalls: Wie ist das Recht entstanden? (Seite 24 ff.) Beim Lesen fällt einem – stärker noch als bisher ohnehin – Uwe Wesel ein, der auch tatsächlich im knappen Literaturverzeichnis mit zwei Büchern als Quelle genannt wird. Aber eine echte Antwort auf die gestellte Frage findet sich nicht, denn Stephan Handel springt einfach zum deutschen Grundgesetz. Beim Thema Gewaltenteilung (Seite 50 ff.) wird es dann wieder historisch und geht über zu Verfassungsgeschichte, nicht ganz genau, zum Beispiel was die Verfassungen oder die Wende in der DDR betrifft, und nicht immer spannend erzählt.

Das nächste große Rechtsgebiet ist ab Seite 62 das Bürgerliche Recht. Hier geht es um das Verhältnis der Bürger untereinander, unter anderem um Eigentum, Verträge, Geschäftsfähigkeit und Kindschaftsrecht. Was hier Historisches über das römische Recht steht, ist kaum noch richtig zu nennen. Und auch die weiteren Ausführungen sind zwar nicht alle falsch, aber vielfach mindestens schief. Das soll hier nicht alles im Detail aufgeführt werden (dazu ist es zu viel), aber der Fachfrau läuft beim Lesen nicht nur ein Schauer den Rücken runter. Vielleicht ist es ja doch besser, Sachen zu erklären, die man vorher selbst gelernt hat.

Es folgt ein Abschnitt darüber, wie Juristen reden (Seite 95 ff.). Skurrile Beispiele lassen sich leicht finden und Stephan Handel weidet sich daran. Aber er hinterfragt auch den Sinn und stellt zu Recht fest, dass nicht immer eine (scheinbar) präzise Fachsprache nötig wäre.

Ab Seite 102 geht es dann um das Verwaltungsrecht, also wieder um das Verhältnis des Bürgers zum Staat. Daher gehört das Verwaltungsrecht auch zusammen mit dem Staatsrecht zum Öffentlichen Recht. Jetzt ist vereinfacht gesagt das Verhältnis zu Behörden das Thema. Viel wird nicht erklärt, was ein Verwaltungsakt ist etwa, etwas Baurecht, Alkohol am Steuer (was eher ins Strafrecht gehört) und Jugendschutz.

Dann wird wieder ein Thema eingeschoben, nämlich Gerichtsshows, allerdings nur auf zwei Seiten.

Der folgende Abschnitt ist dem Strafrecht gewidmet, welches der Autor aus seiner Praxis als Gerichtsreporter am besten kennen dürfte. Tatsächlich sind hier auch keine wirklichen Fehler enthalten. Erstaunlich ist allerdings, dass das Geständnis – das immerhin strafmildernd wirken kann – keine Erwähnung findet. Laut Stephan Handel hat der Angeklagte, der die Tat wirklich begangen hat, vor Gericht nur zwei Möglichkeiten: zu schweigen oder zu lügen (Seite 125). Auch die Anzeigepflicht wird nicht ganz korrekt erläutert (Seite 152) – es gibt nämlich keine grundsätzliche Pflicht, Straftaten anzuzeigen, nur bestimmte Verbrechen muss man anzeigen, will man sich nicht selbst strafbar machen.

Den Abschluss bilden „Rechtsmythen im Alltag“. Dazu gehört die Frage, ob Eltern für ihre Kinder haften, wobei Stephan Handel übersieht, dass es auch Versicherungen gibt, die die Haftung der Kinder abdecken. Ob alle weiteren aufgeführten „Mythen“ wirklich verbreitet sind, ist nicht sicher. Letztlich werden hier überwiegend Dinge erläutert, die schon in den Abschnitten über die großen Rechtsgebiete hätten stehen können. Die Angaben zur Kündigungsfrist von Mietverträgen ist übrigens falsch (Seite 169).

An sich ist es gut, wenn Leute über Recht schreiben, die beruflich mit Sprache zu tun haben. Denn Recht ist Sprache und Juristensprache ist gewöhnungsbedürftig, braucht manchmal „Übersetzung“. Wenn man einen lockeren Ton mag, wird einem dieses Buch vielleicht gefallen. Allerdings muss der Inhalt auch juristisch korrekt sein. Das ist in diesem Buch nicht immer der Fall. Und auch mit der Sprache hapert es teilweise, etwa wenn da steht „Was geschieht, wenn etwas passiert?“ (Seite 64) – alles klar?

Zusammenfassend gibt es nur eine eingeschränkte Leseempfehlung. Das Buch ist schon relativ alt und daher nicht immer aktuell. Außerdem fehlt dem Autor teilweise das Fachwissen.